Der Begriff „Design Thinking“ (DT) bezeichnet eine agile Methode zur Generierung marktfähiger Ideen und Lösungen. Das Vorgehen erfolgt in mehreren Phasen, die iterativ durchlaufen werden und zu jeder Zeit einen Rücksprung in eine der vorherigen Phasen zulässt. Es handelt sich also nicht um einen linearen, konkret vorgegebenen Prozess, der in wenigen Tagen strukturiert durchlaufen werden kann – was manchmal suggeriert wird. Design Thinking ist eher eine Grundhaltung, eine agile Art zu denken. Kennzeichnend für Design Thinking ist eine große Offenheit für Feedback, Veränderung, Ideen, verschiedene Meinungen – und für Diversität. Denn je diverser ein Team zusammengesetzt ist, desto unterschiedlicher sind die Sichtweisen und das bereichert den Prozess – und letztlich auch das Ergebnis. Meist werden die folgenden Phasen durchlaufen:
- Phase 1: Problem definieren. Zu Beginn des Prozesses wird eine Vermutung aufgestellt, was das Problem, die Herausforderung oder die Aufgabenstellung sein könnte. In den nachfolgenden Iterationen wird diese Vermutung auf Grundlage des zwischenzeitlich Gelernten und neuer Erfahrungen verändert, konkretisiert und immer näher an die Realität herangeführt. Gute Ergebnisse basieren auf den richtigen Fragen.
- Phase 2: Informationen sammeln. Bei den zu sammelnden Informationen stehen an erster Stelle die „weichen Faktoren“, die mit Kommunikation, Verhalten und Interaktion von Einzelpersonen und innerhalb von Gruppen im Kontext der angepeilten Innovation zu tun haben. Nur so können Bedürfnisse und Anforderungen der Zielgruppen aufgespürt werden. Hierfür ist ein sich einfühlen in den Nutzer (Empathie) erforderlich. Diese Art von Informationen werden durch Beobachtung, Interviews oder Teilnahme gewonnen. Letzteres bedeutet, dass sich die Design Thinker selbst in die Nutzungssituation begeben und Erfahrungen machen. Harte Fakten ergänzen die Informationslage. Diese können durch klassische Recherchen gewonnen werden. Quellen können Trends, Entwicklungen und Lösungen in anderen Industrien, Aktivitäten und Geschäftsmodelle von Wettbewerbern, Patent-Datenbanken oder Internetportale für junge Unternehmen sein. Gelegentlich muss das Team in verschiedenen Ländern Informationen sammeln.
- Phase 3: Bedürfnisse erkennen. Die gesammelten Informationen, Beobachtungen und Interpretationen werden in ihrer Gesamtheit und ihrem Zusammenhang sichtbar gemacht. Es wird geprüft, was zusammenpasst, was sich bedingt, wo Abhängigkeiten und Widersprüche bestehen. Durch Sortieren und Hinterfragen aller Informationen und Erkenntnisse kristallisieren sich Bedürfnisse, Motive und Anforderungen der Zielgruppe auf abstrakte Weise heraus. Nicht selten wird durch diese Analyse die ursprüngliche Problem- bzw. Aufgabenstellung oder Ausrichtung des Projektes angepasst. Es kommt auch vor, dass aus einer Aufgabe auf Produktebene ein Projekt zur Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells oder der Organisation wird.
- Phase 4: Ideen generieren. Beim Design Thinking ist die Ideengenerierung der leichtere Teil. Denn durch die vorherigen Schritte hat das Team eine klare Vorstellung davon, wo die Lösungen zu finden sind. Diese Phase ist ein teamdynamisches Highlight des Vorgehens. Denn bisher Theoretisches, Abstraktes und Vages fließen nun in konkrete Ideen ein. Kreativitätstechniken können die Fantasie von Ideengebern stimulieren. Neben den Mitgliedern des Design Thinking Kernteams sind hieran auch Personen beteiligt, die bisher nicht oder kaum eingebunden waren. Dazu gehören (potenzielle) Nutzer und Kunden sowie, je nach Art der Fragestellung, weitere Stakeholder.
- Phase 5: Prototypen bauen. Das Prototyping ist die Umwandlung von Innovationsideen in etwas Begreifbares, Erlebbares und Erfahrbares. Das Potenzial und der Wert einer Innovation wird
dadurch sofort verstanden. Der Nutzen entsteht nicht nur bei der Kommunikation mit zukünftigen Nutzern im nächsten Schritt, sondern bereits im Design Thinking Team selbst. Eine möglichst frühe und danach häufige, durchaus grobe Umsetzung von Ideen ermutigt, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Prototyping fördert damit eine Lernkultur, in der Fehler als Entwicklungschancen aufgefasst werden. - Phase 6: Testen. Prototyping ist die Voraussetzung fürs Testen. Denn damit können die erdachten Lösungen mit zukünftigen Nutzern und potenziellen Kunden erprobt werden. Diese werden so Teil des Innovationsprozesses und gestalten die Lösung mit „Co-Creation (siehe dort). Die Ideen werden gemeinsam mit diesen Stakeholdern weiter verfeinert und perfektioniert – oder verworfen.