Der Begriff „Komplexität“ bezeichnet ein Maß für das prinzipielle „Nicht-Wissen“ über die Wechselwirkungen in einem System (siehe „Systemisches Denken“). Darin stehen Menschen, Organisationen, technische Geräte oder andere Elemente miteinander in Beziehung. Wenn man nicht genau weiß, wie diese Beziehungen aussehen und sich mit der Zeit entwickeln – und man das auch nicht herausfinden kann, egal wie lange man sich mit dem System befasst – ist das System komplex. Das ist ein wichtiger Unterschied zu „komplizierten“ Systemen. Bei diesen muss man nur zusammen mit Experten lange genug nachdenken, um es vollständig zu verstehen. Für Unternehmen und andere Organisationen hat die zunehmende Komplexität vor allem eine extreme Auswirkung: langfristige Planungen werden sinnlos. Und das Festhalten daran kostet wertvolle Zeit und Energie.
Eine komplexe Situation liegt zum Beispiel vor, wenn Anforderungen anfangs unklar sind und im Vorfeld eines Projektes auch nicht umfassend geklärt werden können. Sie klären sich erst mit der Zeit, wenn konkrete Ergebnisse vorliegen und die Leistungserbringer mit den Auftraggebern, Nutzern oder Kunden darüber sprechen können. Nach und nach komplettiert sich dann auch der Anforderungskatalog. Erst dann können zielführende Lösungsansätze gefunden bzw. entwickelt werden. Aber auch dabei kann die Komplexität zuschlagen. Wenn nämlich der Lösungsweg anfangs prinzipiell unbekannt ist, weil man zum Beispiel technisches Neuland betritt. Dann kann man nur durch wiederholtes Ausprobieren Licht ins Dunkel bringen. Die Lösung entsteht beim Gehen, wir sprechen von „Emergent Practices“. Erst hinterher wird klar, warum der letztlich eingeschlagene Weg zum Erfolg führte. Der kausale Zusammenhang zwischen Problem und Lösung bleibt also lange im Dunkeln, erst in der Rückschau kann er nachvollziehbar hergestellt werden. Das beste Vorgehen in dieser Situation ist (nach Dave Snowden):
- Die Lage durch Ausprobieren und Lernen – explorativ – klären (Probe).
- Nach jedem Lernschritt die aktuelle Situation wahrnehmen, die aktuellen Aufgabenstellungen erfassen (Sense).
- Mit dem zu jedem Zeitpunkt besten Ansatz (Emergent Practice) die Aufgabe lösen (Respond).